Sigmund von Birken

1626 – 1681

Ihr Blätter-Wetterspiel, ihr Vortrab frischer Früchte,

Des Zephyrs Buhlgewächs, ihr leichte Lenzenbrut,

Ihr Zelte, die ihr uns oft nehmt in sichre Hut,

Die ihr aus unsrem Geist lockt geistige Gedichte!

 

Ihr, die ihr weidet auch das Ohr und das Gesichte

Mit lieblichem Geräusch: laßt kommen mir zu gut

Jetzund die freie Luft. Ach! heitert meinen Mut,

Und machet nun in mir die Sorgen-Nacht zunichte.

 

Und du, Smaragden-Gras, du Sarg der blassen Sorgen,

Du blumenbunter Rock der Lenzen Wöchnerin,

Der perlenträchtig sich läßt sehen alle morgen,

 

Du Kräuterwochenbett! nimm meine Glieder hin

Und bringe sie zur Ruh! Laß deinen Balsam riechen:

So werden Freud und Lust mein krankes Haupt durchkriechen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sigmund von Birken              (Sonett in der Form eines geöffneten Buches)

1626 – 1681

Ich,   Pallas,   war  bisher  bey       dir       in       hoher       acht,

Fontano!     hast     du    nun       die   alte   Treu   gebrochen?

bin      ich     von     Margaris        der  Schönen,  abgestochen?

soll  ich  von meinem  Schatz       Fontano     seyn     verlacht?

 

Ach nein! ich weiß, das noch       dein   Herz  in  Liebe wacht,

in      Liebe      gegen      mir:       ob schon in dir  will pochen

ein    neuer    Flammentrieb,       der   deine   Pein   gerochen.

Bey   Tag   behalt   ich   dich:       Sie hat  dich bey  der Nacht.

 

Wolan      so     liebe       fort,       und  theile  deine Flammen.

Wir     beyde     wollen     uns       vertragen  wohl  zusammen:

Wann   du   mit   beyden   so       den    Leibes-wechsel    übst.

 

Und   wisse:    so   du     mich       nächst  ihr  beharrlich  liebst,

ich   will   dein    Sinnen-Lob       bis  an  die  Sterne  schicken.

Du solst, von manchem Buch,     die       Erde       überblicken.